GRENACHER
 

(Publiziert am 18. November 2023 in der alle zwei Wochen erscheinenden Print-Kolumne GRENACHER)

Lieber Tobias Mathis

Mir gefällt, dass ihr Unternehmen den aus Möhlin stammenden Spitzen-Orientierungsläufer Mathias Kyburz unterstützt. Ihr Sponsoring für den Athleten einer absoluten Randpostart zeigt mir: Es geht ihnen nicht darum, sich im Scheinwerferlicht des Sportlers zu sonnen und damit zu bluffen – sondern um die Sache.

Nun lese ich wieder von Ihrer Firma, der R. Häsler AG, einem Heizungsanlagenanbieter mit Standorten in Möhlin, Rheinfelden, Frick und Pratteln.

Ihr Unternehmen läuft und wächst, aber wie in allen guten Betrieben mangelt es Ihnen an Personal. 1990 gingen noch drei von vier Jugendlichen nach der Schule in die Lehre, nun sind es noch etwas mehr als die Hälfte. Jahrelang haben wir hierzulande das Handwerk vernachlässigt – nun fehlt das Personal, um fortan Häuser, Fabriken und Strassen zu bauen, Güter zu produzieren, Maschinen zu bauen, Anlagen zu installieren und zu unterhalten, Produkte herzustellen und zu verkaufen.

Auch ihr Unternehmen, lieber Tobias Mathis, hat Mühe, Lehrlinge zu finden.
In der „Basler Zeitung“ klagten Sie, manche Eltern und viele Lehrer würden die Kinder heutzutage nur fürs Gymi trimmen – dabei wäre für viele die Lehre eine perfekte Alternative. Aber Sie jammern nicht nur, Sie liessen sich auch etwas einfallen: Neben dem obligaten Grundlohn können ihre Lehrlinge, so sie in der Schule gute Noten schreiben und sich im Betrieb beweisen, ihren Stiftelohn aufbessern: Im ersten Lehrjahr kann man bei Ihnen statt 850 Franken bis zu 1700 Franken verdienen, im vierten Lehrjahr bis zu 3200 Franken.

Mit dem Leistungslohn, so argumentieren sie, lernten die Jugendlichen, dass es sich auszahle, in der täglichen Arbeit besonders leistungsbereit zu sein – und selbst schlechte Schüler könnten von diesem Prinzip profitieren: Neben den Zeugnisnoten zählen nämlich auch noch die Übungskursnoten und die Bewertung der Mitarbeiter für den Leistungslohn, mit dem sich der Lehrlinglohn dank guter Performance verdoppeln lässt.
Dass ihnen die Gewerkschaften diese schweizweit bislang einmalige Idee gleich wieder madig machen, lieber Herr Mathis: Geschenkt, es soll sie nicht von dieser tollen Innovation abhalten.

Ich bin überzeugt, es finden sich im Fricktal genug Schulabgänger, die im nächsten Jahr als Lehrlinge bei Ihnen beweisen, dass sie verstanden haben: Dass sich Leistung immer lohnt. Und dass sie nach der Stifti, ganz im Gegensatz zu den naseweisen Kolleginnen und Kollegen von der Kanti oder dem Gymi, für ihr späteres Leben dank einem Beruf mit Hand und Fuss für ihr und unser aller Leben sorgen können.

Christoph Grenacher leitete verschiedene Medientitel. Heute ist er Inhaber der Kommunikationsagentur Mediaform. Er lebt im Kaister Ortsteil Ittenthal, in Zürich und im Engadin. grenacher@azkolumne.ch


PS: Hören Sien unter der Rubrik "Podcast" auf dieser Webseite auch den kurzweiligen vierzehntäglichen Talk mit Gästen aus Fricktal und dem Hotzenwald.